Jung stirbt, wen die Götter lieben
von Hagemann & Stitz
Historischer Kriminalroman - Ein Fall für Quintilianus 2
Seiten: (ca.) 331
Erscheinungsform: Neuausgabe
Erscheinungsdatum: Apr 2021
ISBN: eBook 9783966554657
eBook-Formate: MOBI-Format, ePUB-Format
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Inhalt - Jung stirbt, wen die Götter
lieben
In der Provinz Germanien gärt es. Immer wieder stören
chaukische Seeräuber durch Überfälle den Frieden,
erschweren den Handel zwischen den Römern und einzelnen germanischen
Stämmen. Nun sollen die Friesen ihre Nachbarn in die Schranken
weisen. Als jedoch das Mitglied einer chaukischen Delegation in
der Colonia Agrippininesis erschlagen aufgefunden wird, drohen
diplomatische Verwicklungen - und der Überraschungsangriff
der Friesen scheint gefährdet. Der junge Römer Quintilianus
soll retten, was zu retten ist und den Mörder ausfindig machen.
Aber ist die Wahrheit wirklich erwünscht?
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Leseprobe - Jung stirbt, wen die Götter lieben
Sie waren betrunken, er sah es sofort. Grinsend
näherten sich die sechs Barbaren einem Mädchen, das vor
ihnen zurückwich. Einer streckte seine Hand nach ihr aus, sie
schrie auf, stolperte gegen einen Auslagentisch. Rote Tonschüsseln
fielen zu Boden, zerbrachen in tausend Scherben. Die Männer
setzten ihr nach, lachten, lange blonde Haare flogen um kantige
Köpfe. Der Standbesitzer schimpfte. Warum griff niemand ein?
"Lass die Finger von dem Mädchen!", rief Quintilianus
und drängte sich zwischen den Schaulustigen hindurch, die in
immer größerer Zahl stehen blieben. Endlich erreichte
er den blonden Hünen und riss ihn von dem Mädchen zurück.
Der torkelte in die Arme eines Kumpanen, rappelte sich auf, wechselte
ein paar Worte mit seinen Freunden. Dann kamen sie auf ihn zu, in
ihren Augen funkelte es. Sie waren in der Überzahl, gegen sie
hatte Quintilianus allein keine Chance. Warum standen die Menschen
so herum, warum half ihm niemand? Wo waren die Wachen des Prätoriums,
römische Legionäre?
Die Soldaten vor der Bronzetür des Statthalterpalastes rührten
sich nicht. Sie waren wohl zu weit entfernt, um zu erkennen, was
auf dem Platz vor sich ging, in dem Gewimmel von Ständen, Händlern
und Kauflustigen.
Quintilianus zog seinen Dolch, zischte: "Wagt es nicht, ihr
Barbaren! Verschwindet!"
Die blonden Männer wichen tatsächlich zurück. Ein
Raunen ging durch die Menge.
"Mach sie fertig, Römer!", rief einer aus den hinteren
Reihen. "Komm, Sextus, nimm den Knüppel da, helfen wir
dem Mann."
Bewegung kam auf und die Germanen schauten sich um, hoben beschwichtigend
die Hände. Vier Männer traten neben Quintilianus und schüttelten
Stöcke und Fäuste in Richtung der Unruhestifter.
Quintilianus schaute zu dem Mädchen, nun, sie würde seine
Hilfe nicht mehr brauchen, schade eigentlich, sie war hübsch,
dunkle Locken umrahmten ihr Gesicht. Endlich liefen zwei Sklaven
herbei, bleich und atemlos, nahmen die junge Frau in die Mitte und
verschwanden mit ihr in Richtung Prätorium. Die Germanen lachten,
einer leckte sich über die Lippen. Ein anderer schlug dem Landsmann
auf die Schulter, dass er nach vorne stolperte. "Barbarbar"
vernahm Quintilianus, dann bahnten sich die Fremdlinge einen Weg
durch die Menge und verschwanden. Gute Götter, welch Wilde
gab es hier in der Provinzhauptstadt, in der Colonia Agrippinensis,
Barbaren von jenseits des Rhenus sicherlich, Germanen, wie er sie
sich in seinen schlimmsten Träumen vorgestellt hatte. Quintilianus
atmete er durch, wandte sich um und schritt seinerseits auf das
Prätorium zu, der Statthalter erwartete ihn.
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Presse
Focus Online
"Jung stirbt, wen die Götter lieben"
Politkrimi zur Römerzeit
Auch wenn der titelgebende Spruch von Plautus am Ende nicht tröstet,
erweist sich der zweite Quintilianus-Roman von Hagemann und Stitz
als Perle des Sandalenkrimis.
Es gärt im antiken Köln, der Colonia Agrippinensis. Politische
Konflikte und Fehden jenseits des Rheins finden auch diesseits ihren
Widerhall, in der römischen Kolonie Germanien und ihrer Hauptstadt.
Chauken, Chatten und Friesen, deren Händler und Arbeitsmigranten
Köln bevölkern, sind einander spinnefeind, zugleich kann
sich die Stimmung jederzeit auch gegen die linksrheinisch herrschenden
Römer wenden. Es ist die Zeit des Kaisers Commodus, spätes
zweites Jahrhundert, und Rom hat sich zu sehr verausgabt, um die
Germanen militärisch in Zaum halten zu können. Diplomatie
ist gefragt, und die kann ebenso schmutzig sein. Mit Lügen
und Versprechungen schürt die Kolonialmacht den Streit unter
den germanischen Völkern, damit sich die Barbaren gegenseitig
metzeln und der Status Quo der römischen Dominanz erhalten
bleibt.
In dieser Situation geschieht ein Mord, und der junge Tribun Quintilianus
wird aus Vetera, dem antiken Xanten, in die Provinzhauptstadt kommandiert,
um den delikaten Fall zu lösen. Das Opfer war ein Gesandter
der rechtsrheinischen Chauken, der erste Verdacht fällt auf
Friesen, doch der Mörder könnte auch in den Reihen der
Römer oder der Chauken selbst zu finden sein. Eile ist geboten,
denn die Spannungen drohen zu eskalieren.
Gaius Claudius Quintilianus ist die perfekte Figur, um uns durch
die verzwickte Geschichte zu führen. Als entfernter Verwandter
des Kaisers ist er prädestiniert für schwierige Aufgaben.
Doch zugleich ist er noch unerfahren und kaum weniger naiv, was
seine antike Umgebung anbelangt, als die Leser des 21. Jahrhunderts.
Ein Trip per Schiff und Pferd über die Grenzen des römischen
Reichs ins Gebiet der Friesen gleicht einer Reise ins Herz der Finsternis.
Mit den Augen des jungen Römers erleben wir den Kulturschock
bei Ankunft im Friesendorf - in keinem Moment hat der Roman es nötig,
Geschichte zu erklären, sondern wir erleben sie mit, indem
Karola Hagemann und Ilka Stitz ihre Geschichten erzählen.
Und es sind durchaus heutige Geschichten. Politische und menschliche
Abgründe bleiben durch die Jahrtausende die gleichen, allenfalls
technische Details scheinen sich zu wandeln. Anklänge an den
Krieg in Afghanistan drängen sich auf, und einmal erklärt
ein römischer Senator dem jungen Quintilianus, dass rückständige
Provinzen durch finanzielle Zuwendungen in "blühende Landschaften"
verwandelt werden sollten, nur greife die kaiserliche Strategie
noch nicht so richtig. Rom verhöhnt die Gegenwart.
Perfekt ist Quintilianus als Hauptfigur auch, weil er zugleich
alles andere ist als das. Manchmal ungestüm, behaftet mit Vorurteilen
und Dünkel - auch in seinen Schwächen erkennen wir uns
wieder. Zwei Frauen interessieren sich für ihn, eine schöne
Friesin und die Tochter des Statthalters, und so kommt weitere Spannung
auf. Gegen Ende weiß Quintilianus nicht einmal mehr, ob er
der römischen Obrigkeit in der Colonia trauen kann, die ihn
beauftragt hat. Und schließlich kommt es zum Aufruhr der Germanen
inmitten der Stadt.
Das Duo Hagemann und Stitz versteht es nicht nur, ein fesselndes
Panorama Niedergermaniens zur Römerzeit auszubreiten (als Malachy
Hyde schreiben sie übrigens eine zweite Serie über ein
anderes Jahrhundert und eine andere Provinz). Ihre feine Sprache
und die gelungene Figurenzeichnung wecken ein sinnliches Gespür
für jene Zeit. Wenn Quintilianus, zurück von einem zweiten,
turbulenten Ausflug zu den Friesen, endlich wieder sein gewohntes
Mahl einnehmen kann, läuft ihm und uns buchstäblich das
Wasser im Mund zusammen. Ah, Oliven! Welch ein Glück, als Römer
geboren zu sein, so denkt er, und wir ergänzen: Welch ein Glück,
gute Kriminalromane zu lesen!
Von FOCUS-Online-Autor Horst Eckert
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